1. Behauptet der Auftragnehmer eines Detail-Pauschalvertrags, der ursprünglich vereinbarte Pauschalpreis sei nachträglich erhöht worden, hat er diese Vertragsänderung darzulegen und zu beweisen.
2. Ein verdeckter Kalkulationsirrtum berechtigt den Auftragnehmer nicht zur Anfechtung der Preisvereinbarung.

Die Entscheidung dürfte sich in die lange Reihe der Rechtssprechung zum Umgang mit Kalkulationsfehlern einreihen – ohne von der bisherigen Sichtweise abzuweichen. Lässt ein Auftragnehmer irrtümlich preisbildende Faktoren im Zuge der Angebotsstellung unberücksichtigt, z. B. wenn der Aufwand für die von ihm zu erstellende Werk- und Montageplanung in den Einheitspreis irrtümlich nicht mit eingerechnet wird, so liegt ein verdeckter (unbeachtlicher) Kalkulationsirrtum vor. Der Auftragnehmer kann den Vertrag trotz seines Irrtums nicht anfechten, da dieser grundsätzlich das Risiko seiner Fehlkalkulation trägt. Ein auf den Preisermittlungsgrundlagen beruhender interner Irrtum des Auftragnehmers ist deshalb stets unbeachtlich. Selbst bei positiver Kenntnis oder Erkennbarkeit des Irrtums nach außen, etwa wenn der Auftragnehmer seine Preiskalkulation offengelegt hat und sich der Irrtum beim Auftraggeber aufdrängen musste, ist das Anfechtungsrecht nicht das Mittel der Wahl. In diesen Fällen wäre ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Aufklärungspflicht gegen den Auftraggebers denkbar. Der Auftragnehmer hat dann nachzuweisen, dass der Auftraggeber den Kalkulationsirrtum erkannt und diesen zu Lasten des Auftragnehmers ausgenutzt hat (Vgl. in diesem Zusammenhang beim öffentlichen Auftraggeber die Pflicht zur Prüfung der Auskömmlichkeit eines Angebots, § 16 d) (EU) VOB/A, mit der Möglichkeit, sich hierzu die Kalkulation vorlegen zu lassen, § 15 (EU) VOB/A.). Die positive Kenntnis vom Kalkulationsirrtum auf Seiten des Auftraggebers lässt sich allerdings regelmäßig nur schwer durch den Auftragnehmer nachweisen, da es sich um einen internen Vorgang beim Auftraggeber handelt. Die Schwelle der Pflichtverletzung des Auftraggebers gilt daher bereits als überschritten, wenn ein besonders augenfälliger Kalkulationsfehler festzustellen ist, der Auftraggeber treuwidrig die Augen davor verschließt und gleichwohl den Auftrag erteilt hat.

Beim Fall des OLG Stuttgart verpflichtete ein Auftraggeber einen Auftragnehmer mit Rohbauarbeiten für eine Gewerbeimmobilie zu einem „Pauschalpreis“ von 350.000 Euro. Grundlage des Vertrages war ein Verzeichnis, das Art und Umfang der Leistungen detailliert beschrieb. In Ziff. 013 des Leistungsverzeichnisses, die Angaben zum Betonstahl enthielt, waren am Ende die im „Festpreis“ nicht enthaltenen Leistungen aufgeführt, darunter „Matten- und Rundstahl pro Kilogramm mit 1,50 Euro“. Nach Fertigstellung des Werks stellte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung. Die Rechnung enthielt den Posten „Betonstahl“ über knapp 133.000 Euro. Unter Hinweis auf die Pauschalpreisvereinbarung verweigerte der Auftraggeber eine Zahlung, die über den ursprünglichen“ Pauschalpreis“ hinausgehen sollte. Der Auftragnehmer verklagte den Auftraggeber. Im Prozess trug er verschiedene Argumente vor, die den von ihm geltend gemachten Zahlungsanspruch begründen sollten. Namentlich, dass es nachträgliche konsensuale Preiserhöhung gab unter Hinweis auf einen Zahlendreher des Geschäftsführers des Auftragnehmers sowie auch Anspruch auf Einheitspreisvergütung.

Mit Erfolg! Die auf Einheitspreisbasis abgerechneten Betonstahlmengen sind zusätzlich zum vereinbarten Pauschalpreis zu vergüten. Das Gericht qualifizierte die Preisabrede als „Detail-Pauschalpreisabrede“. Die unter Ziff. 013 des Leistungsverzeichnis genannte Einheitspreisleistung ist nicht von der Pauschalpreisabrede abgegolten, da diese Leistungsposition erkennbar als Einheitspreis ausgewiesen ist. Allerdings die weiteren Argumente dahingehend, die zusätzliche zusätzliche Vergütung für den „Betonstahl“ zu begründen, bestätigte das Gericht nicht. Die Behauptung, die Parteien hätten die Pauschalvergütung nach Vertragsschluss deutlich angehoben, drang beim Gericht nicht durch. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Auftragnehmer konnte seiner Nachweispflicht nicht nachkommen. Auch die Anfechtung der Pauschalpreisabrede war unbegründet. Der vom Auftragnehmer vorgetragene Zahlendreher bei Abgabe seiner Pauschalpreiserklärung lies sich nicht belegen. Die Anfechtung aufgrund eines verdeckten Kalkulationsirrtums schied aus.